Herbstwanderung 2002

HERBSTWANDERUNG des TC-Neuwied vom 13.10.2002

Mehr als 30 Mitglieder des TC Neuwied trafen sich am Sonntag zur traditionellen, alljährlichen Herbstwanderung. Treffpunkt war um 10:30 Uhr, Parkplatz bei der Festung Ehrenbreitstein, der größten erhaltenen Festung Europas. Die Zufahrt über Urbar war leicht zu finden. Gegen 10:45 Uhr trafen auch die letzten Schlafmützen ein und man ging zusammen die wenigen Schritte zur Festung. An der Kasse besorgten Karin Sauter und Bernd Franzmann die Tickets, während viele von uns aus dieser Perspektive zum ersten Mal einen Blick auf das Deutsche Eck hatten, wo Rhein und Mosel zusammenfließen. Eine Führerin brachte uns zur ersten Szene vom "Ewigen Soldaten".

Auf dem Weg durch die Schutzgräben und Katakomben begleitete uns der beeindruckende Schauspieler André Wittlich vom Koblenzer Stadttheater als "Ewiger Soldat" durch die einzelnen Epochen und Jahrhunderte seit Bestehen der Festung. Um das Jahr 1000 hat hier der Konradiner Erenbert die nach ihm benannte Burg gegründet. In wechselndem Outfit - zu jeder Epoche die passende Soldatenweste - und mit Hilfe einiger leerer Weinkisten erzählte er uns in teils dunklen, nasskalten Räumen auf amüsante und unterhaltsame Weise etwas über die Bedeutung der Festung im Mittelpunkt politischer Querelen - von der Erbauung bis zum 2. Weltkrieg - zwischen Franzosen, Preußen und dem Kurfürstentum Trier (hallo Arno). So erzählte er u.a. die Geschichte von der Besetzung durch französische Revolutionstruppen 1797, wobei der Ehrenbreitstein erst nach über einjähriger Belagerung 1799 durch Aushungern zur Übergabe gezwungen werden. Nach diesem Ein-Mann-Theaterstück machten wir noch einen Abstecher zum Innenhof der Festung und warfen einen weiteren Blick ins diesige Rheintal. Gegen 12:30 Uhr fuhren wir in Kolonne über Niederberg ins Mühlental zur Korn's Mühle, wo für uns bereits Plätze zum Mittagessen reserviert waren. Es wurde ein feucht-fröhlicher Nachmittag. Wir begannen mit Obstler, Kaffee und Cappuccino. Zwischendurch Flammkuchen und Federweiser und Federweiser und Flammkuchen - manche bestellten auch Deftiges aus der Pfanne. Angeregte Unterhaltungen, viel Gelächter und noch einen Schnaps. Es war eine urgemütliche Versammlung. Zum Schluss gab's dann noch Kuchen und ... flambierten Apfelflammkuchen.

Nach fast drei Stunden machten wir uns endlich auf, die angesagte Wanderung anzutreten. Einige Wanderer waren dermaßen gestärkt, dass sie sogleich über den Waldlehrpfad in Richtung Elisenhof davon rannten. Selbst der Fotograf konnte sie beim Verlassen der Mühle nur noch von hinten im Bild festhalten. Mit Mühe konnten sie noch auf den richtigen Weg gelenkt werden. Am Elisenhof entpuppte sich eine unscheinbare Scheune urplötzlich als wahre Schatzkammer. Wir fanden Wein, Bier und frisches Wasser, um uns kräftig zu stärken. Der Hausherr gesellte sich auch schnell zu der Wandergruppe und erzählte von der Entstehung des Hofes und wie man heutzutage mit einem so großen Anwesen zu Recht kommt.

Trotz mehrerer Versuche von Helga Peckedrath, die Gruppe auf einem kürzeren Wege nach Arenberg zu führen, wurde der ursprüngliche Weg über die Silber- und Forststraße durch die Wiesen des Eselsbachs zurück zur Mühle eingeschlagen. Am Ende erreichten wir auch so wohlbehalten unsere Autos. Frau Höhler empfing uns im Clubhaus mit einem saftigen Backschinken und verschiedenen Kartoffelsalaten. In froher Runde saßen wir noch ein paar Stunden zusammen, sprachen über den schönen Tag und waren sicher, im nächsten Jahr wieder mitzumachen. (Vergrößerung der einzelnen Bilder durch Anklicken)
 
 

EXKURS:

Die Festung Ehrenbreitstein, ist die größte erhaltene Festung Europas. Sie wurde in den Jahren 1824 bis 1826 mit einem enormen Kostenaufwand von 24 Millionen Goldmark vom damaligen preußischen Staat in ihrer heutigen Art ausgebaut und erweitert.

Um das Jahr 1000 hat hier der Konradiner Erenbert die nach ihm benannte Burg gegründet. Die Erzbischöfe von Trier traten seine Nachfolge an, verstärkten und vergrößerten die Burg, gründeten noch im 12. Jh. eine zweite Burg auf vorgelagertem Felsen, genannt Helfenstein, Sitz eines Ministerialengeschlechtes. Schließlich bauten die Trierer Erzbischöfe und Kurfüsten beide Burgen in nachmittelalterlicher Zeit zu einer gewaltigen, großflächigen Festung des 17. und 18. Jh. aus, unter Beteiligung namhafter Architekten, wie Johann Pasqualini, Philipp Honorius von Ravensteyn und Balthasar Neumann. Immer wieder diente der Ehrenbreitstein bei drohender Gefahr als Zufluchtsort für den Landesherrn und als Aufbewahrungsort der Trierer Heiligtümer, unter ihnen der hl. Rock.
Während der Besetzung von Koblenz durch französische Revolutionstruppen 1797 konnte der Ehrenbreitstein erst nach über einjähriger Belagerung 1799 durch Aushungern zur Übergabe gezwungen werden. Wenig später, 1801, wurden seine Bauten gesprengt. Durch den Wiener Kongreß 1814/1815 kamen die rheinischen Teile des Trierer Kurstaates als Teil der Rheinprovinz zum Königreich Preußen. König Friedrich Wilhelm III. entschied bereits 1815 den Ausbau von Koblenz zur Festungsstadt. Generalmajor von Aster und Oberstleutnant Le Boud de Nan entwarfen und Ingenieur-Hauptmann von Hoiningen, gen. Huene, realisierte 1817-1828 die Wiederbefestigung des Ehrenbreitstein zum größten militärischen Bollwerk am Rhein, bestimmt für 1500 Mann Besatzung.

Im ersten Weltkrieg 1914/18 wurde die Festung nicht in Mitleidenschaft gezogen und dem Eingreifen des amerikanischen Oberbefehlshabers Generals Allen verdanken wir, daß die Festung nach Ende des ersten Weltkrieges nicht gesprengt wurde.

Im Jahre 1945 wehte zum zweiten Mal das amerikanische Sternenbanner auf der Festung. Es war dieselbe Flagge, die schon nach dem ersten Weltkrieg auf der Festung gehisst wurde - man hatte sie eigens aus dem Kriegsmuseum in Washington eingeflogen.

Die Pagerie (an der Festungsauffahrt von der Rheinseite) wurde von 1690 bis 1692 von dem Hofbaumeister Johann Christoph Sebastiani für den Trierer Erzbischof und Kurfürsten Johann Hugo von Orsbek am rheinseitigen Fuß der Festung errichtet. Das barocke Gebäude war ursprünglich Teil der großen Ehrenbreitsteiner kurfürstlich-trierischen Residenzanlage. Es diente zunächst als Neue Kanzlei (diese Funktion übernahm 1750 das heute noch erhaltene große Dikasterialgebäude), dann als Unterkunft adliger Herren des Hofes und als Wohnstätte der am Hof beschäftigten Pagen (daher der Name), schließlich seit 1786 als Waisenhaus und in nassauischer Zeit ab 1804 als Kriminalgefängnis. Heute birgt es Wohnungen. Die Festung selbst, beherbergt heute das Landesmuseum Koblenz, das Bundesfilmarchiv, die Abteilung Archäologische Denkmalpflege des Landesamtes für Denkmalpflege, zwei Gaststätten, eine vielbesuchte Jugendherberge und Wohnungen.

Eine Sesselbahn führt zum Stadtteil Ehrenbreitstein. Seit 1970, nach der Übernahme der staatlichen Schlösserverwaltung, laufen in Mehrjahresprogrammen kostenintensive Instandsetzungsarbeiten, aber noch immer gibt es sichtbare Kriegsschäden.